19.3.2021

Kunstköderangeln

Quelle: Uwe Wangerin, 2010, Jahreshauptkatalog 2010 von Angelsport-Schirmer, Schirmer Tips

Wenn wir “Blinkern” hören, haben wir die Vorstellung : Ein Angler rennt am Ufer entlang und schmeißt immer wieder ein Metallstück ins Wasser, nur um es dann gleich wieder heraus zu kurbeln. Immer mit der Hoffnung, daß ein kapitaler Fisch das Blechding für ein kleines Fischchen hält und sich in den Haken stürzt.

Früher war das auch einmal so. Aber der technische Fortschritt und die Zeit sind auch bei uns Anglern nicht spurlos vorübergegangen und auch die Fische haben dazugelernt.

Heutzutage hört man statt “Blinkern” Ausdrücke wie “Twitchen , Jerken, Drop-Shot, Vertikalangeln, Sbirolino usw. Diese neuen Methoden haben Ihren Fangerfolg in der Praxis bereits ausreichend unter Beweis gestellt. Nachfolgend versuche ich daher diese Begriffe so einfach wie möglich zu erklären.

BLINKER, SPINNER, GUMMIFISCH

sind wohl die bekanntesten Kunstköder. Beim Angeln mit dem Blinker oder Spinner kann man fast nichts falsch machen, da die Schnur immer unter Zug steht und der Fisch sich fast selbst anschlägt. Wir treiben den Haken durch unseren Anschlag dann fest ins Maul. Das ist fast schon in Fleisch und Blut übergegangen und eine Art Reflex.

Beim Gummifisch ist das schon schwerer, da viele Bisse in der Absinkphase erfolgen und der Biß teilweise nur als minimaler Ruck zu fühlen ist. Eine geflochtene Schnur und eine „schnelle" Rute mit hartem Rückgrat helfen uns den Anbiss zu spüren.

„DIE eine Rute für alles" gibt es nicht und wird es auch nie geben. Das Wurfgewicht sollte so gewählt werden, dass noch genügend Kraft für den Anhieb vorhanden ist. Dabei ist zu beachten, dass z.B. ein 22 g EFFZETT-Blinker zwar wesentlich schwerer ist als z.B. ein MEPPS der Größe 5, der 5er Mepps unter Wasser aber einen so hohen Wasserdruck aufbaut, dass sich eine Rute bis 60 g Wurfgewicht beim Einspinnen schon fast durchbiegt und der Anhieb nicht richtig gesetzt werden kann. Das benötigte Wurfgewicht der Rute zum Kunstköderangeln kann manchmal bis 100 g betragen — z.B. beim Angeln mit 23 cm Gummifischen oder großen Wobblern. Leider fallen die Herstellerangaben bei den Wurfgewichten sehr unterschiedlich aus. Deshalb empfehlen wir, sich am besten eine kurze Beratung vom Fachpersonal zu besorgen, welches die meisten der angebotenen Ruten kennt. Diese Fachleute können Ihnen dann zur ausgewählten Rute sagen.: „gut" oder „Finger weg".

TWITCHEN

Das Twitchen ist eine abgeschwächte Form des Jerkens. Hier wird der Wobbler beim Einholen in unregelmäßigen Abständen mit der Rutenspitze kurz beschleunigt. Der Wobbler bricht dabei aus seinem eintönigen Lauf aus und täuscht ein angeschlagenes Fischchen vor — eine leichte Beute. Als Gerät benötigt man nur seine normale Blinkerrute - diese sollte nicht zu weich sein -und den Wobbler seines Vertrauens.

JERKEN

So, nun geht's los mit ausländisch. Beim Jerken wird hauptsächlich mit großen Wobblern, seit kurzem auch mit Gummiködern, geangelt. Diese Wobbler haben zu 95% keine Tauchschaufel und sie gibt es, je nachdem wie tief das zu befischende Gewässer ist oder zu welcher Jahreszeit wir angeln, in verschiedenen Größen, Gewichten und Sinkgeschwindigkeiten.

Das Jerken ist meiner Meinung nach mit die erfolgreichste Methode auf Hecht zu angeln -vorausgesetzt man beherrscht es. Dazu gehört einiges an Übung. Der Köder wird durch eine starke, ruckartige Bewegung von „0 auf 100" beschleunigt. Das klappt nur mit einer geflochtenen Schnur, da dieser Ruck durch die Dehnung einer monofilen Schnur verpufft und nicht stark genug bei unserem Köder ankommt. Durch diesen Ruck bricht der Köder zur Seite aus und läuft noch ein Stück weiter, bevor er in eine kurze Ruhephase verbleibt, bis ihn der nächste Ruck zur anderen Seite ausbrechen lässt. Die meisten Bisse werden wir in der Phase vom Weitergleiten bis zum Ruhepunkt bekommen. Hier ist manchmal die Schwierigkeit, den Biß zu bemerken. Anders als beim Blinkern ist die Schnur verhältnismäßig locker und es entsteht nur ein kleiner Ruck in der Schnur oder die Schnur wandert seitlich weg, was wir sofort mit einem harten Anschlag quitieren.

Das Gerät, besonders die Rolle, wird bei dieser Angelei sehr stark beansprucht. Es empfiehlt sich eine sehr robuste Stationärrolle oder noch besser eine kleine Multirolle, da diese an beiden Enden der Achse verankert, und somit stabiler ist. Allerdings will das Multirollenangeln erst einmal gelernt sein und das erfordert viel Übung und am Anfang Geduld um die geworfenen Perücken wieder zu enttüddeln. Aber wenn man es beherrscht hat man viel Freude daran.

Die Rute sollte hart - Wurfgewicht je nach Köder bis 80g, 100g oder sogar darüber - und kurz - ca. 1,90 m - sein. Kurz deshalb, da wir um den Ruck auszuführen, die Rute ziemlich steil nach unten halten, und bei einer längeren Rute die Spitze ins Wasser eintauchen würde

„Achtung bei der Handlandung! Ein Jerk hat meist 2 Drillinge!"

VERTIKALANGELN

Das beste überhaupt auf Zander, Barsch und teilweise auch auf Hecht, WENN man ein Boot hat - oder sich dieses leihen kann - und ein Gewässer in welchem man vom nicht verankertem Boot angeln darf. Wie das Wort Vertikal schon sagt, angeln wir senkrecht in die Tiefe. Hierbei klopfen wir den Grund bzw. den Grundbereich systematisch ab und haben somit die größten Chancen einen Zander- oder Barschschwarm zu finden. Ein Echolot ist natürlich sehr hilfreich, um Kanten, Löcher etc zu finden - aber kein absolutes muss.

Die beangelte Tiefe kann von 2 m im Frühjahr bis weit über 20 m im Winter gehen. Ich selbst habe schon Zander auf 38 m gefangen!

Die Rute sollte zwischen 1,80 und 2,40 m lang sein und ein Wurfgewicht von ca. 20 bis 50 gr haben und nicht zu weich ausfallen. Eine kleine Stationärrolle bespult mit 150m geflochtener   0,12 mm starker Schnur reicht völlig aus. Nur mit einer geflochtenen Schnur haben wir den nötigen Kontakt zum Köder, den wir benötigen, um immer den gewünschten Grundkontakt zu halten und auch zaghafte Bisse zu erkennen. Eine kleine Multi hat allerdings den Vorteil, dass wir den Köder, wenn wir in tieferes Wasser treiben und den Grund absuchen, ohne lästiges Bügelöffnen einfacher ablassen können.

Als Köder nehmen wir zu 90 % einen Gummifisch, einen Gummiwurm oder Larvennach-bildungen (man kann natürlich auch ein echtes Fischchen nehmen, dann empfehlen wir einen „Fireball-Kopf") zwischen 8 und 15 cm Länge. Anders als beim herkömmlichen Gummifischangeln achten wir darauf, dass unser Köder keinen dicken Schaufelschwanz, sondern, da er sich ja von oben nach unten bewegt, einen breiten oder besser flachen Rücken hat. Im Sommer allerdings kann auch ein Köder mit Schaufelschwanz zum Erfolg führen, da die Fische aktiver sind. Bei Farbe und Aussehen sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Ob natürlich oder futuristisch muss jeder für sich selbst entscheiden und hängt vom jeweiligen Gewässer und der Tagesform der Fische ab. In unseren Gummifisch ziehen wir nun einen Jighaken ein. Das Gewicht liegt je nach Tiefe und Drift zwischen 14 und 30 gr. So viel, dass wir immer Grundkontakt halten können. Im hinteren Drittel befestigen wir einen sogenannten „Angsthaken". Viele Raubfische schnappen nur im Reflex zu, nehmen unseren Köder von hinten oder sehr vorsichtig. Deshalb ist es wichtig, zusätzlich einen kleinen Drilling zu montieren (siehe Bild) Das Angeln an sich: Wir lassen den Köder bei gespannter Schnur zum Grund. Dann heben wir die Rute ganz langsam oder mit einem kleinen Ruck um ca. 10 - 30 cm an, warten etwas und führen den Köder wieder zurück, bis wir Grundkontakt haben. Bei Barschen kann die ganze Aktion etwas schneller erfolgen und wir können den Köder auch ein ganzes Stück weiter anheben. Der Biß kann brutal erfolgen, ist aber meist nur als „Zupfer" zu erkennen - sofort anschlagen. Dies zu beschreiben ist nicht ganz so einfach, einfach mal zeigen lassen. Aber wie überall, jeder Angler macht es etwas anders. Frag 10 Angler und Du bekommst 12 Antworten. Um die Treibgeschwindigkeit optimal an die Strömung und den Wind anzupassen, ist ein stufenlos einstellbarer Elektromotor von großem Vorteil. Achtung, wie beim Drop-Shot auch hier Hechtalarm. Benutzen wir ein Stahlvorfach sind wir auf der sicheren Seite, fangen aber weniger Zander und Barsch. Die Stahlfrage hat mir auch schon einige schlaflose Nächte eingebracht. Spätestens nach dem zweiten verlorenem Hecht montiert fast jeder Stahl - bis man wieder leichtsinnig wird. Grins...

DROP SHOT ANGELN

Mit die neueste und meiner Meinung noch erfolgreichste Methode hauptsächlich für Barsch und Zander aber auch für Hecht. In überfischten Forellengewässern gebe ich fast Garantie für eine Kapitale. Funktioniert am besten in stehenden und langsam fließenden Gewässern - und auf Forellen im klaren Bach.

Der Köder wird extrem langsam geführt und bleibt somit lange im Sichtbereich der Raubfische. Der Haken sitzt direkt auf dem Vorfach, das Blei (ein Drop-Shot-Blei ist von Vorteil, da wir die Angeltiefe sehr schnell verändern können) sitzt am untersten Ende unseres Vorfachs. Nach dem Auswurf wird die Rute fast steil nach oben gehalten. Wenn das Blei auf Grund aufgekommen ist, halten wir unseren Köder an gespannter Schnur. Der Köder schwingt nun in den nächsten Sekunden aus. Diese Minischwingungen reichen als Reiz für den Raubfisch völlig aus ( kleiner Tipp: manchmal ist es besser die Rute einfach noch etwas „wippen" zu lassen). Nach 5-15 Sekunden - je nach Gefühl, Köder, Strömung oder Lust des Anglers - wird der Köder nun angehoben und Schnur eingekurbelt und das Spiel beginnt von neuem.

Der Anschlag folgt nach dem ersten Bemerken des Bisses mit einer Verzögerung von knapp einer Sekunde, da der Räuber den Köder richtiggehend inhaliert und der Haken verhältnismäßig weit vorn im Köder sitzt.

Unser Vorfach besteht im Normalfail aus einer ca 7,5m langen, monofilen Schnur - wer mag Fluocarbon - in den Stärken zwischen 0,20 -0,28 mm. Sind Hechte zu erwarten benutzen wir auch Hardmono, welches gegenüber den Hechf-zähnen fast immer hält. Allerdings werden wir mit Hardmono weniger Barsche, Zander und Forellen fangen, da diese beim Einsaugen des Köders mit der Ober- und Unterlippe das steife Vorfach beiseite schieben (so meine Theorie).

Der Haken wird mit einem speziellen Knoten (Palomar) direkt auf dieses Vorfach gebunden und steht im 90 Grad-Winkel ab.

Am untersten Ende der Montage sitzt unser Drop-Shot-Blei. Wir empfehlen die längliche Version, da diese kaum Hänger produziert und durch das Umfallen dem Köder noch zusätzliche Vibrationen einbringt.

Die Drop-Shot -Angelei kann sowohl vom Boot als auch vom Ufer aus durchgeführt werden. Vom Boot aus reicht uns eine Rute von ca. 2,20 m, während wir vom Ufer aus eine längere Rute -ca. 3,00 m - benötigen um den Köder in einem spitzeren Winkel anzubieten. Das Wurfgewicht sollte zw. 20 und 50 gr liegen. Eine weiche Spitze ist von Vorteil, da der Fisch den Köder so besser inhalieren kann.

Wenn im Sommer, bei warmem Wasser, die Fische im Oberflächenbereich stehen, haben wir vom Boot aus, mit der DropShot-Rute auch im Freiwasser gefangen. Klappt also auch.